In ihrem Barf-Bloq schreibt Mashanga Burhani:
Will man seinen Hund gesund und artgerecht ernähren, benötigt man selbstverständlich rohes Fleisch, was man online oder auch offline in diversen BARF-Shops kaufen kann. In vielen dieser Shops wird sehr viel gewolftes Fleisch angeboten, auch sind sämtliche Fertig-BARF-Produkte oder grundsätzlich Fleisch-Mixe in dieser Form zu finden. Aber ist gewolftes Fleisch wirklich von Vorteil für unsere Vierbeiner?
Die Vorteile von gewolftem Fleisch liegen klar auf der Hand:
- Schlingern bleibt es nicht im Hals stecken – die Masse kann nicht so schnell abgeschluckt werden (weil sie klebrig ist und teilweise im Napf haftet),
- Welpen, kleine Hunde oder Katzen bzw. zahnlose Tiere können es problemlos fressen,
- für Tiere, die an einer Bauchspeicheldrüsenerkrankung leiden, ist es leichter zu verwerten,
- Zusätze oder Gemüse lassen sich leichter untermischen,
- und es ist sehr einfach zu portionieren.
Aber sollte man deswegen hauptsächlich gewolftes Fleisch füttern? Nein, denn wo Licht ist, ist immer auch Schatten und der Schatten bei gewolftem Fleisch ist ziemlich groß, denn es gibt einige Nachteile gegenüber Fleisch am Stück:
- Fehlender Zahnreinigungseffekt,
- geringere Verdaulichkeit des Fleisches,
- größere Gefahr für Magendrehungen und andere Magen-Darm-Erkrankungen,
- stärkere Belastung mit pathogenen Erregern,
- und Unklarheit über die wahre Qualität und Zusammensetzung des Fleisches.
Während die Vorteile von gewolftem Fleisch selbsterklärend sind, liegen die meisten Gründe für die Nachteilhaftigkeit nicht sofort nahe, weshalb ich diese im Folgenden erläutern werde.
Einer der großen Vorteile an BARF ist der Zahnreinigungseffekt, der auftritt, wenn Hunde ihr Futter wirklich kauen müssen. Neben dem Kauen auf Knochen führt auch das Fressen großer Fleischbrocken zu einem Abrieb von Zahnbelag. Weiches Dosenfutter oder gewolftes Fleisch sind hingegen ungeeignet, um Zahnbelag zu entfernen und einen Selbstreinigungseffekt zu erzeugen.[1]
Die geringere Verdaulichkeit (= damit ist gemeint, welcher Anteil der aufgenommenen Nährstoffe, die Darmwand passieren kann) des Fleisches resultiert vermutlich aus der Tatsache, dass die starke Zerkleinerung des Futters zu einer rascheren Magenpassage führt [2], denn feste, große Stücke verbleiben länger im Magen [3], was daher rührt, dass die beginnende Eiweißverdauung im Magen (mit Hilfe von Pepsin) länger von Statten gehen kann und somit effektiver ist. Eine geringere Verdaulichkeit hat dann natürlich einen höheren Futterbedarf zur Folge, was sich letztendlich auch in der Brieftasche des Tierhalters widerspiegelt. Letzterer Effekt dürfte allerdings nicht allzu groß sein.
Dass die Verweilzeit im Magen kürzer ist, führt außerdem dazu, dass pathogene (also krank machende) Erreger nicht lang genug der Salzsäure im Magensaft ausgesetzt werden, sodass sie nicht inaktiviert (also unschädlich gemacht) werden können. Außerdem werden stark zerkleinerte Futtermassen insgesamt nicht so schnell durchtränkt wie Futtermittel, die in Stücken vorliegen.[4] Damit kann die Gefahr für Magendrehungen steigen (das ist nur einer der Faktoren – gewolftes Fleisch ist also nicht allein dafür verantwortlich), denn bei dieser Erkrankung kommt es zu einer Aufgasung des Magens aufgrund einer bakteriellen Fermentation des Nahrungsbreis.[5] Abgesehen davon können so natürlich pathogene Erreger auch in den Dünndarm gelangen, was z. B. zu Durchfallerkrankungen führen kann.
Hierbei spielt nicht nur die schnellere Magenpassage eine Rolle, sondern auch die Tatsache, dass gewolftes Fleisch grundsätzlich anfälliger für eine Belastung mit pathogenen Erregern ist. Das hat damit zu tun, dass gewolftes Fleisch eine wesentlich größere Oberfläche aufweist. Dadurch kommt es zu einem stärkeren Sauerstoffkontakt, was natürlich das Wachstum von Bakterien & Co. begünstigt. Jeder kennt das: Rinderhack hält sich nicht so lange wie ein Steak, auch nicht bei bester Kühlung. Bedenkt man dann noch, dass für Fleisch, welches für den Haustierbedarf vorgesehen ist, auch noch geringere Anforderungen an Kühlung und Lagerung gelten, so kann man sich recht sicher sein, dass Fleisch am Stück diesbezüglich einfach weniger bedenklich ist.
Kommen wir nun auf den letzten, etwas unangenehmen Punkt zu sprechen: die möglicherweise unbekannte Qualität und Zusammensetzung von gewolftem Fleisch. Ich möchte keinem Anbieter etwas Böses unterstellen, aber es gibt überall schwarze Schafe und in gewolftem Fleisch lassen sich billige bindegewebsreiche Schlachtabfälle (z. B. Grieben, Hoden, Euter, Kehlköpfe) oder Fleisch, was nicht mehr wirklich als frisch durchgeht, einfach wesentlich besser „verstecken“ als in Fleischbrocken. Und dann steht der Barfer wieder vor dem gleichen Problem wie beim Fertigfutter: er weiß nicht so wirklich, was er da eigentlich füttert. Aus diesem Grund ist es besser, stückiges Fleisch zu kaufen und es bei Bedarf selbst zu wolfen. Es gibt schon für ca. 15 Euro manuelle Fleischwölfe, die man verwenden kann, um für Welpen, kleine Hunde, zahnlose Senioren oder kranke Tiere stückiges Fleisch selbst zu wolfen. So kann man sicher gehen, was man genau füttert. Oder man findet eben einen Anbieter, dem man 100%ig vertraut.
Fazit
Fleisch am Stück ist gewolftem Fleisch vorzuziehen, denn der Zahnreinigungseffekt für den Hund ist größer, die Gefahr von Magendrehungen oder Magen-Darm-Erkrankungen ist geringer, weil Fleisch am Stück weniger anfällig für eine Belastung mit krank machenden Keimen ist als Gewolftes. Außerdem ist die Verdaulichkeit von gewolftem Fleisch geringer, was letztendlich zu einem Mehrbedarf an Futter führt. Zudem ist die Qualität und Zusammensetzung von gewolftem Fleisch weniger leicht nachvollziehbar als bei Fleisch am Stück. Ich rate daher: Gesunden Tieren Fleisch lieber am Stück füttern und wenn es ohne Gewolftes nicht geht (z. B. bei vollständigem Zahnverlust oder Bauchspeicheldrüsenerkrankungen), lieber einen eigenen Fleischwolf anschaffen.
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[1] Meyer/Zentek (2005): Ernährung des Hundes, S. 178.
[2] Meyer/Zentek (2005): Ernährung des Hundes, S. 39.
[3] Meyer/Zentek (2005): Ernährung des Hundes, S.29.
[4] Meyer/Zentek (2005): Ernährung des Hundes, S.29.
[5] Meyer/Zentek (2005): Ernährung des Hundes, S.179.